Digitaler Wandel verändert Meinungsbildungsgewicht der Medien

Das Medium Fernsehen ist weiterhin die gewichtigste Mediengattung für die Informations- und Meinungsbildung der Bundesbürger. Dies hat die Gewichtungsstudie der Landesmedienanstalten zur Relevanz der Medien für die Meinungsbildung für das Jahr 2015 ergeben. Die Studie wird von TNS Infratest als Langzeituntersuchung seit 2009 durchgeführt. Gemäß den aktuellen Ergebnissen kommt das Fernsehen auf einen Anteil am Meinungsbildungsgewicht von 36,3 Prozent. Mit deutlichem Abstand folgt das Internet, das sich aber mit einem Anteil von 21,6 Prozent erstmals vor den Tageszeitungen mit 20,7 Prozent platziert hat. Knapp dahinter folgt das Radio mit einem Anteil von 19,2 Prozent. Die Zeitschriften, die in den Printausgaben nicht tagesaktuell sind, kommen auf einen Anteil von 2,2 Prozent.

Im Langzeitvergleich zeigt sich, dass einzig die Bedeutung des Internets für die Informations- und Meinungsbildung kontinuierlich zunimmt. Die audiovisuellen Medien Fernsehen und Radio können sich aber weiterhin gut behaupten und bewegen sich seit dem Jahr 2013 auf einem stabilen Niveau. Die Tageszeitungen haben seitdem zwar 2 Prozentpunkte von 22,7 auf 20,7 Prozent verloren. Der Abwärtstrend erscheint aber gebremst, weil es den Zeitungen allmählich gelingt den Nutzer zu ihren Digitalangeboten zu lenken. Stärker abwärts geht es dagegen für die Zeitschriften, die seit 2013 kontinuierlich an Gewicht im Meinungsbildungsmarkt verlieren und sich inzwischen im unteren einstelligen Prozentbereich bewegen.

Das Meinungsbildungsgewicht wird aus der „informierenden“ Tagesreichweite und der empfundenen Wichtigkeit der Medien für die Informations- und Meinungsbildung ermittelt. Dazu hat TNS Infratest in der ganzjährig laufenden Untersuchung 2.800 Personen befragt. Die Gewichte bilden eine wichtige Grundlage für den MedienVielfaltsMonitor, der die Anteile der Medienunternehmen am Meinungsmarkt misst und halbjährig von den Landesmedienanstalten herausgegeben wird.

Betrachtet man das Bedeutungsgewicht der Medien, unabhängig von der tatsächlichen Reichweite, gemessen an der subjektiven Einschätzung der Befragten, ist das Medium Fernsehen im Urteil der Nutzer ebenfalls klar die Nummer 1 mit einem Marktanteil von 37,9 Prozent. Der Abstand zum Internet (26,1 Prozent) ist aber hier deutlich geringer, während die Tageszeitungen mit einem Anteil von 21,4 Prozent sich trotz rückläufiger Werte klar auf Platz 3 behaupten. Das Radio kommt hier entgegen seiner hohen Tagesreichweite in der Präferenz der Nutzer mit weitem Abstand auf einem Anteil von 10,7 Prozent nur auf Platz vier. Die Zeitschriften erzielen einen Wert von knapp 2 Prozent.

Internet prägt die Meinungsbildung junger Mediennutzer

Sowohl bei der tatsächlichen informierenden Nutzung als auch beim empfundenen Bedeutungsgewicht der Medien zeigen sich alters- und geschlechtsspezifisch deutliche Unterschiede. Fernsehen und Radio erzielen bei der informierenden Nutzung grundsätzlich noch in allen Altersgruppen hohe Reichweiten. Die Tageszeitungen werden in der mittleren und vor allem in der Altersgruppe über 50 Jahre noch relativ stark genutzt. Die informierende Nutzung der 14- bis 29-Jährigen findet dagegen inzwischen überwiegend im Internet statt.

Bei der Frage nach der Wichtigkeit der verschiedenen Medien für die Informations- und Meinungsbildung benennen in der Altersgruppe der 14- bis 29-Jährigen anteilsmäßig inzwischen 57 Prozent das Internet als ihr wichtigstes Medium mit sehr großem Abstand vor dem Fernsehen mit 22,7 Prozent sowie den Tageszeitungen mit 11,1 Prozent und Radio mit 8,1 Prozent. Zeitschriften werden in dieser Altersgruppe für die Informations- und Meinungsbildung im Vergleich mit den tagesaktuellen Medien wenig gewichtig angesehen. Die hohe Gewichtung des Internets wird geprägt von den formal besser gebildeten und den männlichen Nutzern.

Die subjektive Bedeutung der Medien deckt sich weitgehend mit der tatsächlichen informierenden Nutzung der Befragten – es wurde nach der Mediennutzung am Vortag gefragt. Bei den unter 30-Jährigen behauptet das Internet mit einem Anteil von 48 Prozent seine Position als reichweitenstärkstes Informationsmedium vor dem Fernsehen mit 42 Prozent, dem Hörfunk mit 40 Prozent und den Tageszeitungen mit 16 Prozent. In der Altersgruppe 30 bis 49 Jahre nimmt die Bedeutung des Internets mit mittlerweile 37 Prozent informierenden Nutzern weiter zu. In der mittleren Altersgruppe dominieren aber Radio und Fernsehen weiterhin mit einem Anteil von 52 bzw. 51. Prozent. Die Tageszeitungen kommen bei den 30 bis 49-Jährigen noch auf immerhin 27,3 Prozent, die Zeitschriften auf 3,8 Prozent.

Bei den über 50-Jährigen erreichen die Tageszeitungen mit 48,3 Prozent informierende Tagesreichweite nach wie vor einen guten dritten Platz, müssen sich aber auch hier Fernsehen und Radio geschlagen geben. Auch die Zeitschriften erzielen in dieser Altersgruppe mit einem Anteil von 6,2 Prozent ihren besten Wert.

Hohe Bedeutung der Content-Anbieter im Internet

Bei den für die Meinungsbildung im Internet am häufigsten genutzten Informationsquellen gehören die Publisher-Angebote von Tageszeitungen und Zeitschriften sowohl in der Gesamtbevölkerung als auch bei den 14- bis 29-Jährigen zum führenden Trio. Immerhin 54,3 Prozent der jüngeren Nutzer, die sich am Vortag der Befragung im Internet informiert haben, haben das Angebot einer Tageszeitung genutzt. Facebook kommt hierbei mit 50,2 Prozent auf Platz 2, nur knapp vor den informierenden Angeboten der Zeitschriften mit 47,9 Prozent. Das Ergebnis zeigt, dass die Informationsinhalte der Publisher im Internet auch für die jüngeren Nutzer erste Wahl sind und gut recherchierter Content auch von den Jüngeren geschätzt wird.

Die audiovisuellen Content-Anbieter Fernsehen (31,0 Prozent) und Radio (26,6 Prozent) befinden sich dagegen nur im Mittelfeld. Erwartungsgemäß hohe Werte erzielen bei den jungen Nutzern dagegen YouTube mit 47,3 Prozent, sowie Wikipedia (39,8 Prozent) und die klassischen Internetportale (39,0 Prozent). Twitter spielt für die Informations- und Meinungsbildung mit 13 Prozent der sich informierenden Nutzer auch in der jungen Altersgruppe noch keine allzu bedeutsame Rolle.

Die Nutzung von Twitter ist aber bei den Jüngeren doppelt so hoch wie in der Gesamtbevölkerung. Auch in der Gesamtbevölkerung erzielen die Angebote von Tageszeitungen (44,5 Prozent) und Zeitschriften (39,7 Prozent) die höchsten Werte in Bezug auf die Informations- und Meinungsbildung im Internet. Anders als bei den Jüngeren werden in der Gesamtbevölkerung die Internetportale der E-Mail-Anbieter mit 43,3 Prozent noch relativ stark für die Informationsbildung genutzt, während Facebook mit 36,4 Prozent erst auf Platz 4 folgt. TV und Radio kommen bei allen informierenden Nutzern im Schnitt auf 31,9 Prozent bzw. 20,4 Prozent.

Intermediäre bestimmen zunehmend die informierende Mediennutzung

Wichtig für das Verständnis der bisherigen Bedeutung der informierenden Nutzung im Internet ist, sich klar zu machen, dass in Bezug auf die Gesamtbevölkerung erst knapp 30 Prozent der Personen ab 14 Jahren dies täglich tun; bei den 14- bis 29-Jährigen sind es aber bereits 48 Prozent. Vorstehend genannte Nutzungswerte sind in Bezug auf die Bevölkerung insgesamt gerechnet somit deutlich geringer. Dies gilt auch für die reichweitenstarken intermediären Internetplattformen wie Google, Facebook und YouTube, die zusammen erst von knapp einem Fünftel der Bevölkerung täglich für die Informationsbildung genutzt werden. Als Gatekeeper für Content und Inhalte der Medien werden sie zwar zunehmend die informierende Nutzung bestimmen, haben bisher aber noch keine dominierende Stellung in Bezug auf die Informations- und Meinungsbildung im Internet.

Verdeutlichen lässt sich dies an den Beispielen Google und Facebook. Rund 94 Prozent der Nutzer, die bei der Suche nach Content eine Suchmaschine nutzen, greifen dafür auf die Suchmaschine Google zu. Da aber lediglich knapp 30 Prozent der täglich sich im Internet informierenden Nutzer dies tun, liegt der Anteil der Nutzer, die über die Google-Suche zu einem Medienangebot kommen, in Bezug auf die Gesamtbevölkerung nur bei 7,7 Prozent. Der entsprechende Wert für Facebook liegt bei 10,8 Prozent und für YouTube bei 8,6 Prozent. Die beiden Internetgiganten Google und Facebook haben in ihren Bereichen zwar eine marktbeherrschende bzw. mindestens führende Stellung. In Bezug auf alle Medien und deren Reichweite bei der informierenden Nutzung sind aber auch die Werte von Google und Facebook bisher keinesfalls dominierend.

Diese ersten Erkenntnisse zur Nutzung von Google, Facebook und YouTube sind wichtig für die Debatte zur Meinungsvielfalt und Medienkonzentration – bedürfen aber noch einer weitergehenden spezifischen Forschung, um sich ein noch genaueres und umfassenderes Bild machen zu können. Die Landesmedienanstalten haben deshalb bisher die intermediären Plattformen zwar bereits im MedienVielfaltsMonitor dargestellt, jedoch noch nicht in den Meinungsmarkt der Medien eingerechnet. Dazu fehlen noch tiefergehende Erkenntnisse zur Bedeutung der intermediären Plattformen für die Meinungsbildung, die allerdings aus einer weiteren qualitativen Schwerpunktstudie gewonnen werden sollen und bis zum Ende des Jahres 2016 vorliegen werden. Voraussichtlich erst danach kann über eine Einbeziehung der intermediären Plattformen in den vom MedienVielfaltsMonitor dargestellten Meinungsmarkt entschieden werden.

Grafische Beschreibung der Relevante der Internetplattformen

Grafische Beschreibung der Relevante der Internetplattformen

Medienkonvergenzmonitor zeigt kontinuierlich Veränderungen der Meinungsmacht von Medien und Medienunternehmen

Die Ergebnisse des MedienVielfaltsMonitors basieren auf der Vernetzung der Daten der regelmäßigen Reichweitenstudien von agma, GFK und Nielsen mit der repräsentativen Gewichtungsstudie zur Relevanz der Medien für die Meinungsbildung von TNS Infratest sowie den Beteiligungsverhältnissen der Medienunternehmen. Der MedienVielfaltsMonitor ist Teil des Projektes Medienkonvergenzmonitor der Landesmedienanstalten. Ziel des Projektes ist es, aktuelle und valide Daten über den Stand und die Entwicklung der Rundfunk- und Medienlandschaft nutzerfreundlich und für jedermann im Internet zugänglich zu machen. In einer optisch ansprechenden und interaktiven Form werden Inhaber- und Beteiligungsverhältnisse sowie ihre gattungsübergreifenden Auswirkungen auf die Medienvielfalt und die Meinungsbildung in Deutschland dargestellt. Dabei werden von der Mediendatenbank sowohl elektronische als auch Printmedien erfasst und so auch crossmediale Verflechtungen von Rundfunk, Print- und Onlinemedien dargestellt.

Seit Oktober 2015 gibt das Webinterface des Medienkonvergenzmonitors der Landesmedien-anstalten in intuitiver und interaktiver Form Aufschluss über die Struktur der Medienlandschaft und der Verteilung der Meinungsmacht in Deutschland. Aktuell wird hier dokumentiert, dass die Anteile der Medienkonzerne am Meinungsmarkt trotz zunehmender Bedeutung des Internets relativ stabil geblieben sind. Wie der MedienVielfaltsMonitor für das 1. Halbjahr 2015 zeigt, haben Medienunternehmen mit dem Schwerpunkt Fernsehen oder Print weiterhin eine führende Position im Meinungsmarkt.

ARD, Bertelsmann, ProSiebenSat.1, Springer und ZDF kommen zusammen auf einen Anteil von 58 Prozent. Weitere 25 Medienunternehmen erzielen zusammengerechnet einen Anteil von rund 29 Prozent. Darunter befinden sich mit United Internet, Yahoo und Microsoft (MSN) bisher lediglich drei Internetunternehmen.

Das Medium mit der größten Meinungsmacht ist neuerdings wieder das Fernsehprogramm ZDF mit einem Anteil von 4,6 Prozent am bundesweiten Meinungsmarkt. Dahinter folgen der bisherige Spitzenreiter Bild-Zeitung (4,4 Prozent), Das Erste (4,3 Prozent) sowie die beiden Privatsender RTL (3,6 Prozent) und Sat.1 (2,8 Prozent). Wie bei den Medienunternehmen soll künftig auch die Marktstellung der einzelnen Medien auf multimedialer Basis dargestellt werden. Dazu bedarf es aber noch weiterer Analysetools. Nach bisherigen Erkenntnissen ist multimedial betrachtet die Marke Bild basierend auf Print und Online die Nummer 1 im konvergenten Meinungsmarkt. Die Werte für das 2. Halbjahr 2015 werden voraussichtlich Mitte März 2016 vorliegen und im MedienVielfaltsMonitor dargestellt.

Diese ersten Erkenntnisse zur Nutzung von Google, Facebook und YouTube sind wichtig für die Debatte zur Meinungsvielfalt und Medienkonzentration – bedürfen aber noch einer weitergehenden spezifischen Forschung, um sich ein noch genaueres und umfassenderes Bild machen zu können. Die Landesmedienanstalten haben deshalb bisher die intermediären Plattformen zwar bereits im MedienVielfaltsMonitor dargestellt, jedoch noch nicht in den Meinungsmarkt der Medien eingerechnet. Dazu fehlen noch tiefergehende Erkenntnisse zur Bedeutung der intermediären Plattformen für die Meinungsbildung, die allerdings aus einer weiteren qualitativen Schwerpunktstudie gewonnen werden sollen und bis zum Ende des Jahres 2016 vorliegen werden. Voraussichtlich erst danach kann über eine Einbeziehung der intermediären Plattformen in den vom MedienVielfaltsMonitor dargestellten Meinungsmarkt entschieden werden.

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