Programmbericht 2014

Informiert das Fernsehen? – Worüber informiert das Fernsehen? – Wie informiert das Fernsehen?

Mit Antworten auf diese Fragen beschreibt der Programmbericht 2014 der Medienanstalten die Informationsleistungen der reichweitenstärksten privaten und öffentlich-rechtlichen TV-Programme in Deutschland.

Programmforschung

Dabei ist es gar nicht so einfach zu sagen, was unter Information im Fernsehen zu verstehen ist, gerade hinsichtlich hybrider Magazin- und Dokumentationsformate. Die Wissenschaftler der GöfaK Medienforschung unterscheiden daher verschiedene Stufen der fernsehpublizistischen Information und haben ein „Schichtenmodell der Fernsehpublizistik“ entwickelt.

Rein quantitativ betrachtet reicht das Spektrum der Informationsstufen für die privaten Programme von fast sechs Stunden täglich für alle möglichen, im weitesten Sinne fernsehpublizistischen Inhalte (z. B. RTL) bis zu weniger als fünf Minuten täglich für gesellschaftlich relevante, im engeren Sinne politische Information (z. B. RTL II und ProSieben). Auch hierbei ergibt sich durch die Unterscheidung von Informationsstufen ein differenzierteres Bild: Der relativ hohe Wert bei RTL etwa speist sich zu mehr als der Hälfte aus Human-Touch-Themen der Unterhaltungspublizistik. Für den politischen Fernsehjournalismus im engeren Sinne verbleiben dann noch 23 Minuten pro Tag.

Tabelle über die Informationsstufen der Fernsehpublizistik im Frühjahr 2014

Informationsstufen der Fernsehpublizistik im Frühjahr 2014

Informationsstufen der Fernsehpublizistik im Frühjahr 2014

Worüber genau im Fernsehen berichtet und gesprochen wird, zeigen die Ergebnisse der Studie z. B. im Hinblick auf die Themenstruktur von Nachrichtensendungen. In den Detailanalysen werden die fernsehpublizistischen Beiträge der untersuchten Programme für verschiedene Programmgattungen gegenübergestellt und verglichen. Auch hier ist das Spektrum breit: Es gibt private Vollprogramme, die bis zu 40 Prozent ihrer Nachrichtenzeit für Prominenz und Human Touch reservieren (RTL II), während andere etwa den gleichen Anteil für Politik und kontroverse Themen verwenden (VOX und Sat.1).

Ein Nachrichtenvergleich auf der Ebene der behandelten Themen zeigt interessante Überschneidungen und Unterschiede zwischen den Nachrichtenformaten der zwei großen Fernsehprogrammfamilien Mediengruppe RTL und ProSiebenSat.1 Media AG. So finden sich etwa 71 Prozent der bei ProSieben behandelten Nachrichtenthemen auch in den Nachrichten der Schwester-programme kabeleins und Sat.1, während RTL II durch sein „besonderes“ Nachrichtenprofil fast die Hälfte seiner Themen exklusiv anbietet.

Wie das Fernsehen informiert, zeigt aus einer anderen Perspektive eine Analyse der erfolgreichsten Informationsformate in den deutschen Fernsehvollprogrammen. Eine Gegenüberstellung „harter“ und „weicher“ Informationssendungen zeigt, dass politische Talksendungen (Jauch, ARD) bei den Zuschauern weiterhin besonders beliebt sind, aber auch die klassischen Nachrichtenflaggschiffe von ARD und ZDF noch immer ihr Publikum finden.

Programmdiskurs

Im Fokus: Sexuelle Aufklärungsformate in Fernsehen und Internet

Neben dem Forschungsteil gibt es in jedem Jahr im Programmbericht ein Kapitel, das sich „Programmdiskurs“ nennt: Unter jährlich wechselnden inhaltlichen Schwerpunkten werden aktuelle Programmtrends und Tendenzen aufgegriffen und diskutiert – die Debatte zu eröffnen und ins Gespräch kommen ist hierbei das Ziel. In diesem Jahr haben Experten die weichen Ränder der Information zur Unterhaltung ausgelotet und sich mit sexuellen Aufklärungsformaten in Fernsehen und Internet beschäftigt.

Sexualität und Fernsehen, das war zuletzt eine „ermüdete Beziehung“. In den 1990er Jahren gehörten bspw. Erotikmagazine noch fest ins Programm der privaten Fernsehprogramme. Anfang 2000 verschwanden sie nach und nach. Gleichzeitig hat die Verbreitung pornografischer Inhalte über die verschiedensten Online-Portale massiv zugenommen. Dazu gibt es gesetzliche Regelungen und Beschränkungen und es ist die Aufgabe der Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) als zuständiges Organ der Landesmedienanstalten, Kinder und Jugendliche vor negativen Medienerfahrungen zu schützen.

Gerade in den letzten Programmjahren scheint es jedoch einen Trend zu einer Art Revival von sexuellen Aufklärungsformaten im Fernsehen zu geben: Die Doku-Reihe „Make Love“, die ab diesem Sommer mit neuen Folgen im ZDF-Hauptprogramm laufen soll, oder das auf sixx ausgestrahlte Format „Paula kommt!“ sind Beispiele für solche Programmformate.

Viel diskutiert wurde das Thema bislang aus der Perspektive des Jugendmedienschutzes sowie der Medienpädagogik, insbesondere mit Blick auf pornografische bzw. sexualisierte Inhalte im Online-Bereich. Mit einer programmlichen und gleichzeitig auch übergeordnet gesellschaftlichen Brille wurde bisher nicht auf das Thema geschaut – und dies ist das Ziel der Diskussion im aktuellen Programmbericht.

Nackte Wahrheiten – geht es dabei letztendlich um die sensationsheischende, voyeuristische Darstellung von Nacktheit oder gibt es auch Momente des sozialen Lernens? Was wissen wir über die Wirkung medialer Körperbilder auf Heranwachsende? In welchen Programmen und Programmkategorien finden sich solche Formate? Zu diesen Fragen bietet der Programmbericht Statements von Wissenschaftlern, Journalisten, TV-Programmverantwortlichen, YouTubern und Sexualtherapeuten.

Zur Veröffentlichung der Publikation am 12. Mai 2015 diskutierten Experten das Thema im Rahmen einer Veranstaltung.

Cover vom Programmbericht 2014

Programmbericht 2014

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