Rundfunk oder nicht? Erläuterungen zur PietSmiet TV-Entscheidung der ZAK

Die Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) der Medienanstalten hatte in ihrer Sitzung am 21. März 2017 beanstandet, dass das Internetangebot „PietSmietTV“ als Rundfunkangebot einzustufen und daher eine Zulassung zu beantragen sei.

Bei dem Angebot handelt es sich um einen Streaming-Kanal, der an sieben Tagen pro Woche über 24 Stunden überwiegend „Let’s Plays“, die das Spielen von Games zeigen, verbreitet. Mit Blick auf die danach aufgetretenen Rückfragen zu diesem Vorgang haben wir im Folgenden ein paar Erläuterungen zusammengefasst:

1. Bisherige Praxis

Die Entscheidung der ZAK vom 21. März im Falle „PietSmiet TV“ (Pressemitteilung) basierte auf dem geltenden Rundfunkbegriff des § 2 Rundfunkstaatsvertrag. Die zuständige Medienanstalt reagierte auf eine Beschwerde, die bei ihr eingegangen war, und setzte damit das geltende Recht um. Im Zusammenhang mit dieser Entscheidung hatte der ZAK-Vorsitzende, Herr Schneider, auch deutlich gemacht, dass aus Sicht der Medienanstalten dieses Recht dringend der Überarbeitung bedarf.

Die Medienanstalten haben bereits zahlreiche Web-TV-Streaming-Angebote als Rundfunk zugelassen: u.a. „#heiseshow“, „rocketbeans.tv“, „schoenstatt.de“, „Isarrunde/Spreerunde“, „Sport1 Livestream“, „Latizon TV“, „amazing discoveries“, „dctp.tv“, „promiflash.tv“ und „blabla.cafe“. In diesen Fällen stellten die Anbieter entsprechende Anträge auf Zulassung. 

Neben der vorliegenden Beanstandung im Fall PietSmiet TV wurde von der ZAK im Januar bereits das Handball WM-Streamingangebot der DKB beanstandet, weil es ebenfalls als Rundfunk zu qualifizieren war und keine Zulassung hatte (Pressemitteilung). Allerdings ist nicht jedes Live-Streaming zulassungspflichtiger Rundfunk. Insbesondere dann, wenn Live-Events 1:1 abgefilmt werden, ohne dass diese Übertragung redaktionell gestaltet wird, handelt es sich nicht um Rundfunk. Auch wenn sporadisch, unregelmäßig und/oder anlassbezogen live gestreamt wird und so keine regelmäßigen, häufigen Livestreams angeboten werden, ist es kein Rundfunk. 

Die Medienanstalten befassen sich derzeit intensiv mit diesem Thema. Ziel ist es, im Rahmen des geltenden Rechts zu mehr Klarheit für die Betroffenen und zu möglichst schlanken Verfahren zu kommen. 

2. Zulassungsanspruch - Zulassungspflicht

Jeder Anbieter von Rundfunk hat einen verfassungsrechtlich geschützten Anspruch auf Zulassung seines Angebots. Sofern die Anforderungen des Rundfunkstaatsvertrages erfüllt sind, wird die Zulassung erteilt. Umgekehrt besteht aber auch die Pflicht, sich eine Lizenz einzuholen, wenn man Rundfunk verbreitet. Dabei ist der Rundfunkbegriff technologieneutral, d.h. welcher Übertragungsweg für das Rundfunkangebot genutzt wird ist irrelevant. Somit können auch audiovisuelle Onlineangebote betroffen sein. 

Audiovisuelle Bewegtbildangebote werden aber nur dann als Rundfunk eingestuft, wenn sie 

  • linear, also live verbreitet werden,
  • von mehr als 500 Zuschauern/Usern gleichzeitig gesehen werden können,
  • redaktionell gestaltet sind und 
  • „entlang eines Sendeplans“ regelmäßig und wiederholt verbreitet werden. 

Ein Anbieter kann seinen audiovisuellen Mediendienst immer auch so gestalten, dass er die Schwelle zum Rundfunk nicht überschreitet. Dann entfällt auch die Zulassungspflicht. Das ist bei den meisten YouTube-Angeboten der Fall, bei denen Inhalte nur on Demand, also nicht linear verfügbar sind. 

Ein „Sendeplan“ liegt nicht vor, wenn nur vereinzelt, sporadisch, unregelmäßig und/oder nur gelegentlich anlassbezogen live gestreamt wird.

3. Anforderungen an den Rundfunk

Im Zuge der Prüfung des Zulassungsantrages werden vorwiegend formale, auf den Anbieter bezogene Kriterien geprüft. Hier geht es darum, einen Verantwortlichen für das Programm zu haben. Im Rundfunk werden darüber hinaus medienkonzentrationsrechtliche Verflechtungen untersucht.

Inhaltliche Anforderungen, wie z.B. die Einhaltung journalistischer Grundsätze oder die Trennung von Werbung und Programm spielen bei der Zulassung keine Rolle, diese können erst geprüft werden, wenn das Angebot auf Sendung ist und auch dann nur nach der Ausstrahlung.

Rundfunkangebote haben bestimmte programminhaltliche Anforderungen zu erfüllen. Viele dieser Pflichten für Rundfunkangebote gelten im Übrigen vergleichbar auch für Onlineangebote, die kein Rundfunk sind (der Fachbegriff hierfür lautet „Telemedien“), z.B: das Verbot der Volksverhetzung, die Kennzeichnung von Werbung oder die Einhaltung journalistischer Grundsätze.

4. Zulassungsgebühren

Die Medienanstalten sind Behörden und von daher verpflichtet, für ihre Arbeit Gebühren zu erheben. Dies sieht das Gesetz ausdrücklich vor. Letztlich soll der Verursacher der Bearbeitung den Aufwand tragen – und nicht alle Rundfunkbeitragszahler.

Für den Bereich des Web-TV wurde bewusst ein deutlich niedrigerer Gebührenrahmen festgelegt (1.000 bis 10.000 €) statt im klassischen TV (5.000 bis 100.000 €). Die Gebühr richtet sich vor allem nach dem Verwaltungsaufwand des Zulassungsverfahrens. Dieser ist im Bereich der Web-TV-Anbieter naturgemäß gering. Insoweit ist eine Gebühr in Höhe von 1.000,- € möglich. In Härtefällen sieht das Gebührenrecht auch hier noch Ausnahmen vor, die zu noch geringeren Kosten für den Anbieter führen können. Die Zulassungsgebühr ist zudem einmalig und wird für viele Jahre oder sogar für eine unbefristete Zeit erteilt.

5. Ist der Rundfunkbegriff noch zeitgemäß?

Vor dem Hintergrund der technischen und inhaltlichen Entwicklungen der Streaming-Angebote wird häufig die Frage aufgeworfen, ob der Rundfunkbegriff im Rundfunkstaatsvertrag noch zeitgemäß und eine Zulassungspflicht für diese Streaming-Angebote erforderlich ist. Die Medienanstalten haben immer wieder darauf hingewiesen, dass der Rundfunkbegriff der weiteren Entwicklung des Medienmarktes angepasst werden sollte. 

Unser Vorschlag für Web-TV wäre z.B. statt der Zulassungspflicht eine sogenannte „qualifizierte Anzeigepflicht“, wie es sie für den Bereich des Internetradios bereits gibt (siehe § 20b RStV). Um Web-TV verbreiten zu können, wäre dann keine vorherige Genehmigung mehr nötig. Der Inhalt der Anzeige könnte zudem auf einige wesentliche Aspekte beschränkt werden, insbesondere zur Person des Anbieters. 

Ob eine solche qualifizierte Anzeigepflicht als zeitgemäße Antwort genügt, muss letztlich der Gesetzgeber entscheiden. In der Zwischenzeit sind die Medienanstalten an die Anwendung des geltenden Rechts gebunden. Sie stehen dabei allen Anbietern von audiovisuellen Mediendiensten im Netz zur Klärung offener Fragen als Ansprechpartner zur Verfügung. 

 

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