die medienanstalten | 27/2016 |

Machen Intermediäre Meinung? Neue Studien zur Relevanz von Google, Facebook und Co. bei der Meinungsbildung

23 Millionen Menschen nutzen täglich Intermediäre zur Information über das Zeitgeschehen

Trump, sein Triumph und seine Tweets – seit der US-Wahl wird viel über einen möglichen Zusammenhang zwischen der Social-Media-Nutzung des künftigen US-Präsidenten und seinem Sieg diskutiert. Zwei neue Studien der Medienanstalten, deren Ergebnisse heute in Berlin präsentiert wurden, geben nun erstmals einen Überblick über das bisher kaum erforschte Feld und belegen: Meinungsbildungsprozesse sind ohne Intermediäre nicht mehr denkbar. Sie durchdringen die Informations- und Kommunikationspraktiken heute in vielfältiger Weise. Gleichzeitig sind Intermediäre aber nur ein Baustein im Prozess der Meinungsbildung. Auch die Face-to-Face-Kommunikation mit dem eigenen sozialen Umfeld und die Berichterstattung publizistischer Medien, denen Vertrauen entgegengebracht wird, sind nach wie vor bedeutsam.

Täglich nutzen 57,3 Prozent der Internetnutzer – also mehr als 23 Millionen Menschen – auch mindestens einen Intermediär zur Information über das Zeitgeschehen in Politik, Wirtschaft und Kultur. Das ergibt die bevölkerungsrepräsentative Erhebung von Kantar TNS im Auftrag der Medienanstalten. Suchmaschinen liegen dabei mit 39,9 und Soziale Netzwerke mit 30,2 Prozent informierender Nutzung klar vor Videoportalen (9,3%) und Instant Messengern (8,5%). Darüber hinaus zeigt diese Studie den Zusammenhang zwischen dem Alter und der Nutzung von Intermediären: Nahezu alle Angebote haben eine deutlich höhere Tagesreichweite bei den 14- bis 29-Jährigen. Weit überdurchschnittlich viele Jugendliche nutzen Instagram, Snapchat, Pinterest, Tumblr und YouTube.

Einen differenzierten Blick auf die Rolle von Google, Facebook, YouTube und Instant Messaging im Meinungsbildungsprozess wirft die zweite, qualitative Studie des Hans-Bredow-Instituts: In Bezug auf die Bedeutung für die Meinungsbildung ist demnach Intermediär nicht gleich Intermediär. So dient Google über alle Altersgruppen hinweg als zentrales Informationswerkzeug zur gezielten Informationssuche. Facebook dagegen ermöglicht es eher, das Meinungsklima wahrzunehmen – und gegebenenfalls auch auf unerwartete Informationen zu stoßen.

Traditionelle Medien und der persönliche Austausch zu gesellschaftlich relevanten Themen spielen laut der HBI-Studie nach wie vor eine entscheidende Rolle bei der Meinungsbildung. Dennoch belegen die neuen Forschungsergebnisse im Auftrag der Medienanstalten: man sollte in dem Zusammenhang auch auf die Rolle der Intermediäre schauen.

Siegfried Schneider, der Vorsitzende der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM), hielt auf der Veranstaltung in Berlin fest: „Es ist unerlässlich, auch die Intermediäre in die aktuellen Überlegungen über neue Regulierungsvorgaben in der konvergenten Welt einzubeziehen. Transparenz, Kennzeichnung und Nutzerautonomie sind dabei für uns die zentralen regulatorischen Ansätze.“ Auf Basis der Studienergebnisse müsse darüber nun konkreter diskutiert werden. Schneider: „Wenn Vorgaben zur Regulierung von Intermediären formuliert sind, bieten sich die Medienanstalten als fachlich kompetente und mit behördlichen Exekutivbefugnissen ausgestattete Institutionen an, deren Einhaltung zu prüfen und durchzusetzen.“

Thomas Fuchs, der die Studien als Koordinator des Fachausschusses Netze, Technik, Konvergenz der DLM verantwortet, ergänzte: „Die neuen Ergebnisse belegen die zunehmende Relevanz der Intermediäre für das Informationsrepertoire der Bevölkerung. Ihre kontinuierliche Beobachtung und Analyse sollte vertieft werden und stellt eine wichtige Aufgabe für die staatsfernen Landesmedienanstalten dar.“

Und Prof. Dr. Ralf Müller-Terpitz, Vorsitzender der Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK), hob hervor: „Intermediäre erlangen eine immer größere Bedeutung für den Informationszugang und damit für die private wie für die öffentliche Meinungsbildung. Dies erfordert ihre Einbeziehung in medienkonzentrationsrechtliche Bewertungen. Das gegenwärtige fernsehzentrierte Medienkonzentrationsrecht gewährleistet dies nur unzureichend. Es muss deshalb zu einem Modell weiterentwickelt werden, das alle publizistisch relevanten Akteure zu erfassen vermag.“

Die Ergebnisse beider Studien, die einen Teil des Projekts MedienKonvergenzMonitor darstellen und hier im Rahmen der MedienGewichtungsStudie auch fortgesetzt werden, sind hier  abrufbar.

Am 8. März 2017 gibt es zur Vertiefung der Thematik eine Follow-Up-Veranstaltung der Medienanstalten in Kooperation mit der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen (LfM).


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