Letzte Chance für einen modernen Kinder- und Jugendmedienschutz in Deutschland
Medienpolitisches Gespräch zwischen Staatsminister Oliver Schenk, Sächsische Staatskanzlei, und der Gesamtkonferenz der Medienanstalten
Am 10. März 2021 tauschte sich die Gesamtkonferenz (GK) der Medienanstalten mit Oliver Schenk, Staatsminister für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Chef der Sächsischen Staatskanzlei in einem medienpolitischen Gespräch aus. Neben der Umsetzung des Medienstaatvertrags sowie den anstehenden Gesetzgebungsverfahren zur Modernisierung des Medienkonzentrationsrechts und dem Digital Services Act der EU fokussierte man sich aus aktuellem Anlass auf das im Bundesrat am 26. März zur Abstimmung kommende novellierte Jugendschutzgesetz (JuSchG) des Bundes. Die Gesprächsteilnehmer waren sich einig, dass das am 5. März vom Bundestag verabschiedete Jugendschutzgesetz hinter den Erwartungen zurückbleibe. Die Chance sei verpasst, einen kohärenten Rechtsrahmen zwischen Bundes- und Länderrecht zu schaffen und damit das erfolgreiche System der regulierten Selbstregulierung zu stärken.
„Jugendschutz in digitalen Medien hat einen hohen Stellenwert. Die jetzt vom Bundestag beschlossene Novellierung des Jugendschutzgesetzes wird diesem Ziel jedoch nicht gerecht. Im Gegenteil: das vorgesehene Schutzniveau ist zu gering, Doppelstrukturen werden aufgebaut und Zuständigkeiten bleiben unklar. Die größte Herausforderung, eine leicht zu konfigurierende, betriebssystemübergreifende Jugendschutzeinstellung auf allen relevanten Plattformen, wird nicht gelöst. Deshalb entwickeln die Bundesländer ein neues Konzept für einen praktikablen technischen Jugendmedienschutz. Zahlreiche Fachgespräche mit Branchenvertretern und Wissenschaftlern bestätigen, dass dieses Konzept mit überschaubarem Aufwand technisch umsetzbar ist. Das große Interesse der Branche an dem Dialog mit den Ländern belegt, dass der neue Ansatz die Kernfragen eines effizienten Jugendmedienschutzes erfasst,“ so Staatsminister Oliver Schenk.
Mit dem novellierten JuSchG wird die bisherige Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien zu einer Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz ausgebaut und soll zukünftig auch Aufsichtsfunktionen über Angebote im Internet übernehmen.
„Wir sind alle einem Ziel verpflichtet: Kinder und Jugendliche in der digitalen Medienwelt zu schützen. Ich appelliere an die Länder, die Chance des Vermittlungsausschusses zu nutzen, um doch noch einen kohärenten Jugendmedienschutz mit einer klaren Zuständigkeitsaufteilung zu realisieren, die den Grundsatz der staatsfernen Medienaufsicht beachtet und das gut funktionierende System der regulierten Selbstregulierung nicht weiter beschädigt,“ mahnt Professor Dr. Werner Schwaderlapp, Vorsitzender der Gremienvorsitzendenkonferenz (GVK) der Medienanstalten und Vorsitzender der Medienkommission der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen.
„Die Schnittstellen zwischen Bundes- und Länderrecht müssen hierfür klarer definiert und aufeinander abgestimmt werden. Eine effektive Aufsicht muss an der Praxis und der digitalen Medienrealität ausgerichtet werden, anstatt Doppelstrukturen zu schaffen. Die dafür nötige Zeit in einem Vermittlungsausschuss wäre gut investiert - im Sinne eines besseren Kinder- und Jugendmedienschutzes,“ ergänzt Dr. Wolfgang Kreißig, Vorsitzender der Direktorenkonferenz der Medienanstalten. „Auch müsste mit Blick auf die Art einzelner erst im parlamentarischen Verfahren erfolgter Änderungen am Gesetzentwurf eine erneute Notifizierung gegenüber der EU-Kommission geprüft werden.“
Die Gesamtkonferenz (GK) der Medienanstalten besteht aus den Mitgliedern der Direktorenkonferenz (DLM) und der Gremienvorsitzendenkonferenz (GVK). Sie kommt zweimal im Jahr zusammen.