Medienregulierung ist in Deutschland grundsätzlich Ländersache. Doch Digitalisierung, Globalisierung, konvergente Mediensysteme sowie zunehmende Relevanz von Plattformen und Intermediären für die Meinungsbildung stellen die heutige Medienregulierung vor neue, grenzüberschreitende Herausforderungen. Medienvielfalt sichern ist eine zunehmend globale Aufgabe, die nicht an Ländergrenzen Halt macht.
Deshalb prägt die europäische Mediengesetzgebung zunehmend die Medienpolitik und Medienregulierung in Deutschland. Bundesweit und europaweit geltende Gesetze gewährleisten eine länderübergreifende Medienregulierung und adressieren damit grenzüberschreitende Medienangebote.
Das Herzstück der europäischen Medienregulierung ist das Herkunftslandprinzip und die Zusammenarbeit der unabhängigen Regulierer.
Das machen die Medienanstalten in der europäischen Medienregulierung
Eine effektive Zusammenarbeit auf europäischer Ebene wird zunehmend wichtiger. Die Medienanstalten arbeiten daher innerhalb der Europäischen Union mit den Regulierungsbehörden anderer Mitgliedstaaten eng zusammen. Für die Medienanstalten übernimmt diese Aufgabe der Europabeauftragte, der aus dem Kreis der Direktorinnen und Direktoren bestimmt wird. Derzeit ist Dr. Tobias Schmid (Direktor der Landesanstalt für Medien NRW) Europabeauftragter der Medienanstalten. In dieser Funktion begleitet er die Entwicklungen der Gesetzgebung und Rechtsdurchsetzung auf europäischer Ebene und bringt die Perspektive der Medienanstalten in verschiedenen Foren ein.
Die Medienanstalten positionieren sich aktiv zu unionsrechtlichen Gesetzesvorhaben, insbesondere durch die Veröffentlichung von Positionspapieren. So wird sichergestellt, dass die Medienanstalten auf europäischer Ebene mit einer Stimme sprechen.
Positionspapiere
Europäische Zusammenarbeit
Auf europäischer und internationaler Ebene arbeiten die Medienanstalten in verschiedenen Foren mit ihren Schwesterbehörden zusammen und tauschen sich regelmäßig über aktuelle Themen und Herausforderungen aus.
Von großer Bedeutung ist die Mitarbeit der Landesmedienanstalten in der ERGA. Das Beratungsgremium besteht aus den Regulierungsbehörden der 27 EU-Mitgliedstaaten und unterstützt seit 2014 die Europäische Kommission bei der einheitlichen Umsetzung und Anwendung der AVMD-Richtlinie. Unter aktiver Mitarbeit der Medienanstalten erarbeitet die ERGA regelmäßig Berichte und Positionspapiere zu aktuellen medienpolitischen Themen, wie beispielsweise zum EMFA sowie zur Bekämpfung von Desinformation.
Die EPRA widmet sich vor allem dem informellen Austausch von Erfahrungen und Aufsichtspraktiken der Regulierungsbehörden in Europa. Sie umfasst 52 Regulierungsbehörden aus 46 Ländern und hält im halbjährlichen Turnus ihre Meetings ab.
Die Medienanstalten diskutieren die jeweiligen Positionen und Strategien sowie mögliche Kooperationen zur Medienregulierung im Rahmen der jährlich stattfindenden Veranstaltungsreihe „Trimediale“ mit den Aufsichtsbehörden im deutschsprachigen Raum sowie im Rahmen des Tripartite mit der französischen Arcom und der britischen Ofcom.
Im Rahmen der IWGAV tauschen sich die Medienanstalten mit europäischen Schwesterbehörden zum Thema Altersverifikation aus und unterstützen sich gegenseitig bei der Einhaltung und Umsetzung durch die betroffenen Diensteanbieter.
Joint Statement on Age Verification
Die High Level Group berät die EU-Kommission, um eine kohärente und komplementäre Umsetzung des DMA und anderer sektoraler Vorschriften sicherzustellen. Die Gruppe, in die unter anderem auch die ERGA Delegierte entsendet, hat ein Mandat von zwei Jahren und tritt mindestens einmal pro Jahr zusammen.
International Institute of Communications (IIC)
Jährlich tauschen sich die Medienanstalten im Rahmen der Treffen des IIC mit anderen Regulierungsinstitutionen und der Branche aus.
Europäische Medienregulierung: Was sind die Rechtsgrundlagen?
Die Medienanstalten werden neben nationalen Vorschriften auch auf Basis unionsrechtlicher und europäischer Rechtsgrundlagen tätig.
Die Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste (AVMD-RL) ist das Grundregelwerk des europäischen Medienrechts. Sie koordiniert die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste in den Mitgliedstaaten und gilt sowohl für traditionelle Fernsehsendungen als auch für Videoabrufdienste und Video-Sharing-Plattformen. Die Richtlinie wurde zuletzt im Jahr 2018 geändert, um sich an die veränderten Marktbedingungen und die neuen Herausforderungen im Bereich des Verbraucher- und Jugendschutzes, der Medienvielfalt und der Bekämpfung von Hassrede anzupassen.
Die Eckpfeiler der digitalen Regulierung legt die inzwischen mehr als 20 Jahre alte Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr fest. Sie enthält u. a. Vorschriften für die kommerzielle Kommunikation im Onlinebereich.
Der Digital Services Act (DSA) löst die E-Commerce-Richtlinie in Teilen ab. Damit trägt er den seit ihrem Inkrafttreten eingetretenen Veränderungen Rechnung.. Zusammen mit dem Digital Markets Act (DMA) bildet er einen neuen Rechtsrahmen für digitale Dienste wie etwa Plattformen und sogenannte Gatekeeper-Plattformen. So soll ein sicherer digitaler Raum in Europa geschaffen werden.
Das Übereinkommen des Europarats enthält grundlegende Vorgaben für die grenzüberschreitende Verbreitung von Mediendiensten. Insbesondere im Verhältnis zu Nicht-EU-Staaten entfalten diese Bestimmungen nach wie vor ihre Wirksamkeit, auch wenn das letztmalig im Jahr 2002 geänderte Übereinkommen der Konvergenz der Medien nur eingeschränkt Rechnung trägt.
Das EMFA soll sowohl die Medienfreiheit als auch den Medienpluralismus bewahren und unter anderem die Unabhängigkeit der Medienregulierungsbehörden gewährleisten. Im Rahmen des EMFA wird die ERGA Mitte 2025 durch das Europäische Gremium für Mediendienste ersetzt werden. Diese Gruppe wird ein erweitertes Aufgabenspektrum erhalten und den Aufsichtsbehörden neue Wege zur grenzüberschreitenden Kooperation eröffnen.
Auch die Verordnung über politische Werbung wird in Zukunft den Rechtsrahmen für audiovisuelle Mediendienste erweitern und orientiert sich dabei eng am DSA.