Rückblick auf ein Jahr Zulassung und Aufsicht nach dem neuen Medienstaatsvertrag

01/2022 27.01.2022

Seit November 2020 haben die Medienanstalten neben den Befugnissen zur Zulassung sowie Programm- und Werbeaufsicht im Rundfunk nun auch die Aufgabe, Medienintermediäre und Benutzeroberflächen zu beaufsichtigen und die Einhaltung von Werberegeln und journalistischen Sorgfaltspflichten durch Telemedienanbieter zu kontrollieren. Die dafür zuständige Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) hat im Jahr 2021 in über 150 Fällen auf Basis des neu geltenden Medienstaatsvertrags (MStV) entschieden.

„2021 war ein herausforderndes Jahr. Der Medienstaatsvertrag hat den Medienanstalten wichtige neue Instrumente zur Sicherstellung von Medienvielfalt in Rundfunk und im Internet gegeben. Die ZAK hat dabei schon im ersten Jahr des neuen Rechts wichtige Aufsichtsentscheidungen getroffen. Bereits im Satzungsprozess haben wir den Dialog mit der Branche gesucht, um praxisgerechte Lösungen zu entwickeln. Nun gilt es, eine verlässliche Aufsichtspraxis zu etablieren und Rechtssicherheit für alle Beteiligten zu schaffen. Im laufenden Jahr rechnen wir mit einem verstärkten Aufkommen von Verfahren, insbesondere im Bereich der Plattformregulierung. Der Stresstest des Medienstaatsvertrags hat gerade erst begonnen“, sagt Dr. Wolfgang Kreißig, Vorsitzender der Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) und der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM).

Die Entscheidungen der ZAK im Berichtsjahr 2021 verteilen sich wie folgt:

Zulassungen
Die ZAK hat 2021 104 bundesweite Zulassungen vergeben, darunter acht Hörfunkangebote. Sieben Zulassungen wurden verlängert. Als bundesweite TV-Angebote wurden unter anderem BILD TV sowie Amazon Digital Germany zugelassen. Die überwiegende Anzahl an Zulassungen betraf, wie schon im Vorjahr, ausschließlich im Internet verbreitete Angebote wie unter anderem mehrere Multi-Channel-Netzwerke.

Nach dem neuen Medienstaatsvertrag bedürfen bundesweit ausgerichtete Rundfunkprogramme, die nur geringe Bedeutung für die individuelle und öffentliche Meinungsbildung entfalten oder die im Durchschnitt von sechs Monaten weniger als 20.000 gleichzeitige Nutzerinnen und Nutzer erreichen, keiner Zulassung mehr. Drei neue bundesweite Anbieter haben von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, sich die entsprechende Zulassungsfreiheit ihres Angebotes bestätigen zu lassen.

Programm- und Werbeaufsicht Rundfunk und Telemedien
Die ZAK hat im Berichtsjahr bei bundesweiten TV-Programmen in 31 Aufsichtsverfahren Beanstandungen und in einem Verfahren einen aufsichtsrechtlichen Hinweis und ein Bußgeld ausgesprochen. Die meisten Aufsichtsverfahren (27 Fälle) bezogen sich auf Verstöße gegen die Werbebestimmungen des MStV. Dabei handelte es sich vor allem um Verletzungen des Trennungs- und Kennzeichnungsgebotes (11 Verstöße) und des Verbots der Schleichwerbung (9 Verstöße). In 4 Fällen wurde irreführende Werbung beanstandet. In drei dieser Fälle wurden in Teleshopping-Sendungen Zeitdruck aufbauende Kaufanreize eingesetzt, die mit dem Verbot der Irreführung der Werbung nicht vereinbar sind.

Der MStV hat der ZAK auch die Werbeaufsicht für bundesweit ausgerichtete Telemedien übertragen. Im Berichtsjahr hat die ZAK in drei Fällen einen Werbeverstoß von Influencern über Instagram bzw. YouTube gegen das Trennungsgebot von Inhalt und Werbung festgestellt. In vielen weiteren Aufsichtsfällen wurden Verstöße nach entsprechenden Hinweisen seitens der örtlich zuständigen Landesmedienanstalt noch vor einer förmlichen Verfahrenseinleitung beseitigt.

Journalistische Sorgfaltspflichten
In zwei Aufsichtsfällen im Bereich Rundfunk wurden Verletzungen der journalistischen Grundsätze festgestellt. Bei einer Live-Berichterstattung über den Terroranschlag in Wien wurde eine wiederholte, kontextlose  Einblendung von Videoaufnahmen des Attentats beanstandet. In einem anderen Fall wurden in einem Bericht über einen Kindsmordfall in Solingen, mit der Abbildung des Inhalts des WhatsApp-Chats eines überlebenden Opfers, die journalistischen Sorgfaltspflichten verletzt.

Neu regelt § 19 MStV journalistisch-redaktionelle Sorgfaltspflichten nun auch für geschäftsmäßig angebotene, journalistisch-redaktionell gestaltete Telemedienanbieter. Dabei werden die Landesmedienanstalten allerdings nur dann tätig, wenn die betreffenden Angebote nicht der Selbstregulierung des Presserats unterliegen oder sich die betreffenden Anbieter nicht einer von den Medienanstalten anerkannten Einrichtung der freiwilligen Selbstkontrolle angeschlossen haben. Bereits der Versand von einem förmlichen Verfahren vorgelagerten Hinweisschreiben durch die insoweit zuständigen Landesmedienanstalten hat in den allermeisten Fällen zu einer rechtskonformen Anpassung der Angebote geführt. Zur Entscheidung durch die ZAK kam es bislang in zwei Fällen, von denen in einem Fall eine Untersagung ausgesprochen wurde. Im zweiten Fall wurde das Verfahren eingestellt, da das Angebot vom Netz genommen wurde.

Medienintermediäre, Medienplattformen und Benutzeroberflächen
Die ZAK hat sich in einem Verfahren von Amts wegen und darüber hinaus mit vier Beschwerden von Unternehmen mit dem neuen Diskriminierungsverbot durch Medienintermediäre nach dem MStV beschäftigt. Sie kam zum Ergebnis, dass die herausgehobene Darstellung der Webseite des Nationalen Gesundheitsportals des Bundesgesundheitsministeriums (BGM), im Rahmen einer Kooperation zwischen Google und dem BGM, eine unbillige Behinderung anderer Anbieter journalistisch-redaktioneller Inhalte darstellte.

Darüber hinaus hat die ZAK sich mit fünf Plattform- und Benutzeroberflächenanzeigen befasst. Weitere Anzeigen sind in der Prüfung.

In einem weiteren Verfahren wurde der Dienst Google News Showcase als Medienplattform und Benutzeroberfläche eingestuft. Diese Einstufung verpflichtet den Anbieter in Folge zur Einhaltung der Bestimmungen des MStV, insbesondere hinsichtlich Transparenz und Auffindbarkeit.

Über die ZAK

Die ZAK beschäftigt sich mit den Kernfragen der Zulassung und Kontrolle für bundesweite, private Rundfunkveranstalter, der Aufsicht über Onlinemedien, der Regulierung von Plattformen sowie der Entwicklung des digitalen Rundfunks. Mehr über die ZAK: Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) - die medienanstalten (die-medienanstalten.de)

Im Zuge von regelmäßigen Monitorings und Schwerpunktanalysen der Rundfunk- und Telemedienangebote sowie auf Basis von Hinweisen aus der Bevölkerung werden die Landesmedienanstalten kontinuierlich aufsichtlich tätig.

Eine Übersicht aller Zulassungs- und Aufsichtsverfahren ab 2016 ist in der Datenbank der Zulassungs- und Aufsichtsfälle auf der Webseite der Medienanstalten zu finden: ZAK-Zulassungs- und Aufsichtsfälle - die medienanstalten (die-medienanstalten.de)